Ernährung ist neben Bewegung eine der wenigen Schraubstellen für unsere Gesundheit, auf die wir aktiv Einfluss nehmen können. Umfragen und Statistiken zeigen jedoch, dass die wenigsten dieses Potenzial nutzen. Tatsächlich sind Nährstoffmangel und Fehlernährung weitverbreitet. Das Start Up Odacova will hier Abhilfe schaffen. In Kürze bringt es eine App auf den Markt, die den individuellen Nährstoffbedarf errechnet, dazu passende Speisepläne erstellt und gleichzeitig persönliche Ernährungsgewohnheiten berücksichtigt. Wie das funktioniert und wie der Spaß beim Essen trotzdem nicht auf der Strecke bleibt, erklärt Co-Gründer Timo Sievernich im Interview.

Auf ein Gespräch mit Timo Sievernich, Co-Founder des Start-ups Odacova.

 

In drei Sätzen: Was ist Odacova?

Odacova ist eine  App für personalisierte Ernährung. Sie basiert auf Künstlicher Intelligenz  und garantiert den Nutzer:innen eine optimale Versorgung mit allen nötigen Nährstoffen. Dazu erstellen wir individuelle Speisepläne, die ausschließlich auf natürlicher Ernährung basieren – also ohne Nahrungsergänzungsmittel auskommen  -, einfach umzusetzen sind und den Spaß am Essen erhalten. 

Wofür steht der Name?

Odacova heißt Avocado rückwärts und ist das Ergebnis eines wochenlangen Brainstormings (lacht).

Für wen ist euer Angebot gedacht?

Wir haben verschiedene Zielgruppen. Ganz allgemein richten wir uns an Menschen, die sich gesund ernähren wollen, aber wenig Zeit oder Lust haben, sich tiefgründig mit ihrer Ernährung auseinander zu setzen. Dann an Sportler:innen, die ihre Ernährung an körperliche Ziele anpassen wollen. Und im Besonderen richten wir uns an Veganer:innen, Vegetarier:innen und Menschen mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Für diese Gruppen ist es oft eine Herausforderung, sich mit allen Nährstoffen zu versorgen. Wir wollen sie dabei unterstützen und es ihnen so leicht wie möglich machen.  

Wie ist die Idee zu der App entstanden?

Ich habe eingangs ja schon den Begriff KI gedropt. Und der verrät es vielleicht: Eigentlich kommen wir aus einer ganz anderen Richtung, nämlich aus dem Fachbereich Elektro- und Informationstechnik. Wir, das sind Robin, Melina und Ich, die Gründer von Odacova. Wir haben zusammen an der Technischen Universität in Dortmund studiert und immer viel Sport zusammen gemacht. Gesunde Ernährung war uns wichtig, aber leider passte das nicht gut mit dem Angebot in der Uni-Mensa zusammen. Wir dachten: „wir sind doch Programmierer, wir lösen das Problem jetzt selbst.“ Also haben wir einen Algorithmus gebaut, der uns vorschlägt, was wir essen sollten, um unser Sportprogramm optimal zu ergänzen. Als er fertig war, kam uns die Idee, dass so eine App auch für andere Leute interessant sein könnte. Außerdem hatten wir Lust, auch nach dem Studium zusammen zu arbeiten und haben unser Start Up gegründet. 

Muss man sich nicht sehr gut mit Ernährung auskennen, um so einen Algorithmus bauen zu können? Woher bezieht ihr euer Wissen?

Im Studium haben wir gelernt mit großen Datenmengen zu arbeiten und sie sinnvoll einzusetzen. Die Algorithmen, die man dafür braucht unterscheiden sich nicht groß, egal ob man Bilder von Marsmissionen auswertet, einem Auto autonomes Fahren beibringt, oder eben optimale Speisepläne erstellt. Das wichtigste ist eine vernünftige Datengrundlage. Da beziehen wir uns auf  Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und einigen internationalen Quellen. Seit Anfang des Jahres stehen wir zudem im engen Austausch mit Experten der  Dualen Hochschule Baden Württemberg  in Heilbronn, die zum Thema personalisierte Ernährung forschen. Außerdem haben wir seit Kurzem zwei Ernährungswissenschaftlerinnen im Team. 

Wie funktioniert die App genau? 

Wir haben uns an der Arbeitsweise von Ernährungsberater:innen orientiert. Zuerst werden eine Reihe persönlicher Daten abgefragt: Alter, Gewicht, Unverträglichkeiten. Sind schon Nährstoffdefizite bekannt? Wird ein sportliches Ziel verfolgt, beispielsweise Muskelaufbau, Fettabbau, Ausdauer verbessern? Anhand dieser Daten wird der persönliche Nährstoffbedarf berechnet. Dann kommt die KI ins Spiel, sucht aus unserer Datenbank die perfekten Rezepte zusammen und erstellt einen Wochenplan. Dieser ist aber nicht starr, man kann Rezepte tauschen und individuelle Essgewohnheiten eintragen. Wer wie ich jeden Morgen Müsli isst, kann das im Speiseplan so festlegen. Ebenso die Pizza, die man Sonntagsabends zum Tatort isst. Diese Gerichte werden vom Algorithmus berücksichtigt und die restlichen Plätze des Wochenplans passend aufgefüllt. Dazu gibt es eine Einkaufliste, die man im Laden gleich abhaken kann. 

Klingt wirklich einfach. Aber was ist, wenn die Woche ganz anders läuft, als geplant. Wenn zum Beispiel das Wetter schön ist und ich statt zu kochen lieber Eis essen gehe?

Klar, das passiert und ist natürlich voll okay. Solche Planänderungen kann man der App mitteilen und nachträglich eintragen, was man gegessen hat. Ob das überhaupt nötig ist, hängt davon ab, wofür man unsere App benutzt. Für Leute, die sich einfach gesund ernähren wollen, spielt vor allem die Versorgung mit Mikronährstoffen eine Rolle. Dazu gehören Vitamine, Mineralien und Spurenelemente. Bei diesen Stoffen ist es kaum möglich, sie über natürliche Ernährung überzudosieren. Unsere Rezeptempfehlungen liegen bei den Mikronährstoffen daher eher über dem Bedarfswert. Wenn man da mal ein paar Mahlzeiten weglässt macht es also nichts, man ist trotzdem gut versorgt. Bei Sportler:innen hingegen lohnt sich die Mühe, Planabweichungen einzutragen.

Wieso?

Bei ihnen spielt der Energiebedarf eine Rolle. Daher berechnet die App auch die Makronährstoffe, also Eiweiß, Fette und Kohlenhydrate. Wenn man da was weglässt, gerät die Energiebilanz durcheinander. Wer ein sportliches Ziel hat, ist sicher eher gewillt, sich an einen Plan zu halten. Trotzdem gelingt es nicht immer. Wir suchen deshalb auch nach Lösungen, um unsere Nutzer:innen mit Spaß und Unterhaltung darin zu unterstützen, ihr Ziel zu verfolgen. Wir planen zum Beispiel kleine Games und Challenges, bei denen man sich mit seiner Community messen kann. 

Geht es euch um Gesundheit oder um Selbstoptimierung? 

Das ist eine wichtige Frage! Klar, es gibt einen Trend zur Selbstoptimierung und der kann auch Druck erzeugen. Das wollen wir natürlich nicht. Andererseits gibt es ja nicht nur krank und gesund, sondern die Gesundheit lässt sich eben optimieren. Durch Bewegung und gesunde Ernährung kann man seine qualitative Lebensphase verlängern.

Und da reicht es nicht, wenn man ein paar Grundüberlegungen beachtet? Also beispielsweise viel frisches Obst und Gemüse isst, aber wenig Zucker, Fett und stark verarbeitete Nahrungsmittel.   

Das kommt auf die Person an. Die Statistik sagt, dass ein Drittel der Weltbevölkerung einen Nährstoffmangel hat – und das obwohl diese Menschen ausreichend Kalorien zu sich nehmen. Gleichzeitig ist Ernährung ein Haupttreiber für nicht übertragbare Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. Diese Krankheiten nehmen zu. Wenn das so ist, liegt es entweder daran, dass viele Leute die angesprochenen Grundüberlegungen nicht kennen oder nicht anwenden. Wir versuchen bei beidem zu unterstützen. 

Eure App steckt noch in der Entwicklung. Wie ist das Feedback der Probenutzer:innen bislang?

Den Prototyp nutzen aktuell schon mehr als 100 Menschen und das Feedback ist enorm hilfreich. Es zeigt uns, dass wir schon ziemlich gut daran sind, den Nährstoffbedarf zu kalkulieren und mit unseren Empfehlungen abzudecken. Aber bei der Nutzerfreundlichkeit hakt es noch etwas. Darauf konzentrieren wir uns gerade. Denn der positive Effekt kann ja nur angekommen, wenn die App auch tatsächlich genutzt wird. Wir überlegen zum Beispiel Kooperationen mit Restaurants einzugehen, damit unsere Nutzer:innen Restaurantbesuche leichter in ihren Wochenplan integrieren können. 

Wann kommt eure App auf den Markt und was wird sie kosten? 

Die erste Version der App wird hoffentlich ab September in den App-Stores verfügbar sein. Es wird eine kostenfreie Variante geben, bei der wir vom Nährstoffbedarf eines durchschnittlichen Erwachsenen ausgehen. Die Premium-Version bietet dann die volle Personalisierung und kostet voraussichtlich 12,99 Euro pro Monat. Beim Preis wollen wir uns an den Abo-Beiträgen von Spotify oder Netflix orientieren, denn wir sind der Meinung, dass einem die eigene Gesundheit genauso viel wert sein sollte, wie Unterhaltung. Wir sind aber auch im Gespräch mit Krankenkassen, damit sie uns zukünftig in ihre Bonusprogramme für Präventionsmaßnahmen aufnehmen. Ähnlich wie bei Meditations-Apps kann man sich die Kosten dann teilweise erstatten lassen.

Hast du für die Zeit bis zu eurem Launch noch ein paar Live Hacks, mit denen die Leser:innen schon jetzt ihre Ernährung optimieren können?

Das Erste was mir einfällt, ist Saisonalität: Frisches Obst und Gemüse enthält viel mehr Vitamine und Mineralstoffe, als wenn es lange gelagert wurde oder eine lange Reise hinter sich hat. Und besser für das Klima ist es auch. 

Zweiter Live Hack: Auf die Balance zwischen Gesundheit und Genuss achten. Wer super gerne Pizza ist, sollte sich das nicht verbieten. Lieber überlegen, welche Essgewohnheiten einem nicht so wichtig sind und wo eine Veränderung nicht weh tut. Beispielsweise das Frühstückstoast mit Butter durch ein Müsli mit Joghurt und Obst ersetzen.

Und noch ein Tipp für den nächsten Einkauf: Vorher mal googeln, in welchen Lebensmitteln bestimmte Nährstoffe sind, etwa Zink oder Vitamin B9 und diese Lebensmittel auf die Einkaufsliste setzen. Vielleicht ergeben sich so neue Rezeptideen und Gewohnheiten.

 

Du interessierst dich für das Thema gesunde Ernährung, findest die App von Odacova super spannend und möchtest dich jetzt erst einmal selbst in das Thema gesunde Ernährung einlesen? Dann findest du hier ein paar Infos rund um das Thema Energiedichte und beim TK-Gesundheitscoach  erhältst du Tipps für deine erste Veränderung.

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